"Wie funktioniert eine Stimmprothese bzw. Shuntventil?"

 

Stimmprothesen (korrekt: Shunt-Ventile) sind für Patienten mit Kehlkopfkrebs entwickelt worden, bei denen keine laserchirurgische Teilentfernung des Kehlkopfes mehr möglich war und der Kehlkopf deshalb vollständig entfernt werden mußte. Dann besteht keine Verbindung mehr zwischen der Lunge, der Luftröhre und dem Mund-Rachenraum, wo die Sprachlaute gebildet werden. Um Sprachlaute bilden zu können, ist Luft aber unbedingt notwendig. Wie kann diese nun nach einer Entfernung des Kehlkopfes in den Mund-Rachenraum gelangen?

Bis vor einigen Jahren gab es nur die Möglichkeit, sie vor dem Sprechen in die Speiseröhre zu schlucken. Die dort gesammelte Luft wurde dann wieder herausgebracht ("gerülpst") und konnte im Rachenbereich Schleimhautschwingungen erzeugen, die einer männlichen Stimme sehr ähnlich waren (Ructus-Stimme). Allerdings ist die Menge Luft, die verschluckt werden kann, recht gering, so daß z.B. beim Sprechen eines längeren Satzes mehrfach unterbrochen und nachgeschluckt werden mußte.

Dieses Problem wird durch sog. tracheo-ösophageale Fisteln (oder tracheo-ösophageale Shunts) gelöst. Dabei wird eine Verbindung zwischen Luftröhre (am oberen hinteren Bereich in Höhe des Tracheostomas) und Speiseröhre angelegt, so daß beim Ausatmen und nach Verschluß des Tracheostomas (z.B. mit einem Finger) Luft durch die Fistel über die Speiseröhre in den Rachenraum gelangen und dort Töne erzeugen kann.

Durch die Fistel (Shunt) gelangt aber auch z.B. Trinkflüssigkeit in die Luftröhre, was Husten und die Gefahr einer Lungenentzündung mit sich bringt.

Aus diesem Grund setzt man in die Fistel bzw. Shunt ein Ventil ein. Dies läßt zwar die Luft von der Luftröhre über die Speiseröhre in den Rachen durch, nicht aber Trinkflüssigkeit und Speise in die Luftröhre: daher "Shunt-Ventil".

Beachten Sie: Die Stimme wird nicht im Shunt-Ventil selbst, sondern im Rachen gebildet, daher ist der Begriff "Stimmprothese" irreführend!

Es gibt verschiedene Typen von Shunt-Ventilen. Die Auswahl eines Ventils hängt dabei von der Art des Shunts und vom individuellen Operationsbefund ab. Außerdem ist die Pflege, die Gefahr eines Pilzbefalls und das Intervall eines Austausches bei den verschiedenen Shunt-Ventilen unterschiedlich. Fragen Sie bitte Ihren behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder Phoniater und Pädaudiologen.

 

Prof. Dr. med. Rainer Schönweiler, Leiter der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. rainer.schoenweiler@phoniatrie.uni-luebeck.de

 

 

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